In der Sammlung der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin finden sich rund 4.000 Werke zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Dieser Teilbestand setzt sich überwiegend aus eigenen Beständen (Sammlung Nationalgalerie) zusammen. Hinzu kommen die Sammlung Marx, die Sammlung Ulla & Heiner Pietzsch sowie Teile der bei den Staatlichen Museen verankerten Sammlung Marzona. Außerdem werden die Kunstbibliothek und das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin im Museumsneubau zusätzliche Ausstellungsflächen erhalten.

Die Bestände der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts dokumentieren alle wesentlichen Kunstrichtungen Europas und Nordamerikas. Die Ausstellungsmöglichkeiten sind allerdings begrenzt: präsentiert wurde die umfangreiche Sammlung bis dato in der Neuen Nationalgalerie. In den letzten Jahrzehnten konnte die Kunst des 20. Jahrhunderts darum nur ausschnittweise und in wechselnden Präsentationen gezeigt werden.

Die Sammlung der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts

Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat die Sammlung der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin geprägt. So lässt ihre gesellschaftskritische Relevanz die Sammlung herausragen – auch im internationalen Vergleich. Für Deutschland hat die Sammlung durch den Zusammenschluss der Ost- und Westbestände nach 1990 eine besondere historische Bedeutung.

Expressionismus, Kunst in der DDR, Medienkunst

Der deutsche Expressionismus, der französische Kubismus, der Surrealismus, die Farbfeld-Malerei, die Kunst in der DDR, die internationale westliche Kunst nach 1960 sowie die Film- und Medienkunst sind Schwerpunkte der Sammlung der Nationalgalerie. 2002 kam mit Egidio Marzonas umfassender Schenkung eine sinnfällige Ergänzung: Diese Schenkung umfasst über 600 Werke von rund 150 Künstlern, die der Konzeptkunst, der Minimal Art, der Land Art, der Arte Povera und anderen Kunstentwicklungen der 1960er- und 1970er-Jahre zugeordnet werden können.

Von Ernst Ludwig Kirchner bis Pipilotti Rist

Zu den Künstlerinnen und Künstlern, die in der Sammlung der Nationalgalerie mit besonders großen Werkgruppen oder bedeutenden Einzelwerken vertreten sind, zählen Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Rebecca Horn, Pablo Picasso, Werner Tübke, Gerhard Richter, Andreas Gursky, Jason Rhoades und Pipilotti Rist.

Bandbreite und Hinterfragung der Sammlung

Die 2010–2014 in der Neuen Nationalgalerie präsentierte Ausstellungstrilogie „Moderne Zeiten“„Der geteilte Himmel“ und „Ausweitung der Kampfzone“ zeigte die Komplexität und Bandbreite der Sammlung der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Historisch-kritische angelegte Ausstellungen wie „Black Mountain. Ein interdisziplinäres Experiment. 1933–1957“, „Die Schwarzen Jahre. Geschichten einer Sammlung 1933–1945“, „Hello World. Revision einer Sammlung“ oder „Emil Nolde. Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ brachten eine institutionelle Selbstbefragung in Gang, die für die Ausstellungskonzeption im Neubau richtungsweisend ist.

Geschichte der Sammlung der Nationalgalerie

Die Sammlung der Nationalgalerie zum 20. Jahrhundert spiegelt gut 150 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte. Dabei liegt ihr historisch bedingter Fokus auf Deutschland, Europa und Nordamerika. 1861 wurde die Nationalgalerie auf der Museumsinsel gegründet. In der „Galerie der Lebenden“ im Kronprinzenpalais wurden von 1919–1933 bedeutende Werke der Moderne präsentiert. Besonders die Wertschätzung von internationalen Richtungen wie Impressionismus und Expressionismus war in der damaligen Zeit durchaus Anlass zu Kritik. Mit der „Galerie der Lebenden“ nahm die Nationalgalerie eine Vorreiterrolle und Schlüsselfunktion in der Kunstwelt ein.

Deutsche Teilung trennt auch die Sammlung

Auch für die Nationalgalerie waren Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg ein tiefgreifender Einschnitt, zumal die Sammlung umfangreiche Verluste zu verzeichnen hatte. Ab 1949 wurde die Sammlung durch die Gründung der beiden deutschen Staaten geteilt. Im Ostteil Berlins wurde ein Teil der Bestände in der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel aufbewahrt und gepflegt. Dort wurde die Sammlung um die Kunst der DDR erweitert. Für den Teil der Bestände, die sich nach dem Krieg in West-Berlin befanden, war zunächst der Magistrat von Berlin verantwortlich. Die Sammlung hieß damals noch „Galerie des 20. Jahrhunderts“. 1965 übernahm die Stiftung Preußischer

Kulturbesitz die Sammlung für die Nationalgalerie. 1968 eröffnete am Kulturforum die von Ludwig Mies van der Rohe erbaute Neue Nationalgalerie, die fortan das Domizil der Sammlung wurde.

Hamburger Bahnhof als Museum der Gegenwartskunst

Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten bot sich 1990 auch die Chance, die geteilten Sammlungen unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wieder zusammenzuführen. So wurden in der Neuen Nationalgalerie am Kulturforum die Bestände der Kunst der Klassischen Moderne und der Nachkriegsmoderne in Ost und West vereint. 1996 eröffnete der Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin als neuer Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst.

Ein Rundgang durch die Kunst des 20. Jahrhunderts 

In den letzten Jahrzehnten konnte die Kunst des 20. Jahrhunderts in der viel zu kleinen Neuen Nationalgalerie und im Hamburger Bahnhof nur ausschnittweise gezeigt werden. Mithilfe der geplanten Verbindung zwischen Neuer Nationalgalerie und dem Museumsneubau wird künftig ein Rundgang von der Kunst um 1900 bis zu den Entwicklungen am Ende des 20. Jahrhunderts innerhalb eines einzigen Museumskomplexes möglich gemacht.

Weitere Sammlungen im zukünftigen Museumsneubau

Sammlung Marx

Im Zentrum der Sammlung Marx stehen fünf Künstlerpersönlichkeiten des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die für die Entgrenzung traditioneller Kunstformen international berühmt wurden: Joseph Beuys, Anselm Kiefer, Robert Rauschenberg, Cy Twombly und Andy Warhol. Von ihnen enthält die Sammlung große Werkkomplexe, die die jeweilige künstlerische Entwicklung umfassend widerspiegeln.

Werke der US-amerikanischen Künstler Dan Flavin, Donald Judd, Roy Lichtenstein und Bruce Nauman vervollständigen das Panorama der künstlerischen Entwicklungen der 1960er/70er-Jahre der Sammlung Marx.

Sammlung Ulla & Heiner Pietzsch

Seit 1964 legt das Ehepaar Ulla und Heiner Pietzsch eine außergewöhnliche Kunstsammlung an, die sich durch zwei miteinander verbundene Schwerpunkte auszeichnet: den europäischen Surrealismus und dessen Weiterentwicklung in den USA durch die Abstrakten Expressionisten.

In der Sammlung Pietzsch befinden sich unter anderem Arbeiten von Max Ernst, René Magritte und Joan Miró ebenso wie frühe Werke von Jackson Pollock, Mark Rothko und Mark Tobey. Maler wie Jackson Pollock und Mark Rothko griffen die Anregungen emigrierter Künstler wie André Masson und Max Ernst auf und entwickelten sie weiter.

 

Ausstellungsplattform der Kunstbibliothek

Die Kunstbibliothek ergänzt mit ihren Museumssammlungen zur Architektur, zur Buch- und Medienkunst, zum Design, zur Mode und zur Fotokunst die Sammlungen der Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts. Mit der Ausstellungsplattform der Kunstbibliothek im Museumsneubau werden diese Bestände zur Kunst des 20. Jahrhunderts erstmals im unmittelbaren Zusammenspiel für die Öffentlichkeit präsentiert. Die Plattform soll ein Experimentierlabor für die einzigartigen Archiv- und Museumssammlungen zur Moderne am Kulturforum werden. Im Mittelpunkt stehen das Mitmachen und das Mitgestalten.

Kupferstichkabinett

Das Kupferstichkabinett bereichert „berlin modern“ mit seiner international herausragenden Sammlung von 25.000 Zeichnungen und über 35.000 Druckgrafiken des 20. Jahrhunderts. Deutscher Expressionismus, Neue Sachlichkeit, internationale Moderne, Pop Art, Konzeptkunst und Minimal Art sind in wechselnden Ausstellungen und innovativen Formaten wie dem partizipativen Paper_Lab zu erleben.